Das Ballkleid war für einmal eines der richtig positiven Näherlebnisse. Wie schon in
Teil 1 und
Teil 2 erwähnt, wusste ich genau, dass das Schnittmuster wahrscheinlich überhaupt nicht passt, hatte kaum Zeit und brauchte Stoff aus dem Lager auf - also nicht viel Verlust, falls was schief geht.
Klar habe ich das Kleid noch im Zug unterwegs an den Ball ganz fertig genäht, aber es hat gereicht (die sichtbaren Säume mache ich auch bei Alltagskleidern gerne von Hand). Und am Freitagabend hatte ich ebenfalls eine längere Nähschicht. In solchen Momenten denke ich bei frühmorgendlichem Zugnähen nach 3,5 h Schlaf einfach nur: NICHT ansprechen, NEIN im Zug nähen ist nicht ungewöhnlich, NEIN einen golden glitzernden Sari führe ich jeden Tag spazieren...
Das Kleid ist aber mein liebstes Regency/Empirekleid bisher, ich bin so zufrieden damit und es hat sich super gehalten. Ich kann also bald mal wieder an einen Ball. Der Schnitt gefällt mir, der Stoff ist zwar sehr heikel, dafür aber wunderbar leicht. Und ich mag die Farbkombination sehr gerne, besonders zusammen mit altem Schmuck aus Indien von meiner Grossmutter, den ich sonst noch nie getragen habe.
Der Ball war übrigens auch sehr schön, die Location war einfach klasse, halt mit richtigem Ballsaal und vor allem war ich mit den tollen Leuten vom Verein dort und wir haben sowieso immer unglaublich viel Spass miteinander. In der Reenactment-Szene (zu der ich mich nicht dazuzähle, ich sage bewusst "verkleiden", nicht "gewanden" ;)) gibt es ja immer Leute, die solche Events furchtbar ernst nehmen. Im nachmittäglichen Tanzkurs zu lachen, wenn man viele Fehler macht, wird da nicht goutiert und mit schmallippigem süffisantem Gesichtsverziehen und Augenverdrehen kommentiert. Das ist immer schade, abends konnte ich aber doch so mehr oder weniger tanzen und habe es genossen (und halt gelacht, bei meiner chinesisch-orthodoxen Variante der Tänze, HA). Oder wir sassen zu viert zweimal in einem sehr gemütlichen Biergarten und haben Cocktails geschlürft, in den Ballkleidern. Auch schön. Auch das vorherige Frisieren mit zwei anderen Mädels, das Anziehen, Paratmachen, Vorfreuen....war das schön! Ein bisschen Aschenbrödel-Kleinmädchentraum.
Das ist zwar kein Alltagskleid, ich zeige es aber dennoch im ersten
MeMadeMittwoch nach der Sommerpause und freue mich schon darauf, endlich wieder Alltagskleidung nähen zu können.
Schnitt: bestellt b. Nehelenia Patterns, "country wives, half gown with strap skirt und long gown, ca. 1800", Grösse S
Stoff: Sari (mehr weiss ich nicht. Aber knapp gereicht hat es)
Änderungen:
- Das SM ist viel viel zu gross, d.h. ich habe eine Menge enger genäht. Ich hatte dasselbe Problem schon beim letzten Kleid dieser Anbieter und leider gibt es keine Grösse XS. Enger genäht habe ich z.B. fast alle Nähte d. Oberteils (1 cm enger), die gekreuzten Frontteile und auch das Futter um einige cm gekürzt, die Rockteile auf beiden Seiten stark gekürzt und enger genäht (und zwar teilweise 4,5 cm...finde ich schon recht massiv viel). Ebenfalls die Ärmel viel enger genäht, was immer tricky ist...
- die Ärmel habe ich mit einer "Borte" des Saumes leicht verlängert, weil sie nach dem Engernähen so schief und kurz waren.
- das Ärmelfutter ist mit dem Sarioberstoff zusammen vernäht (ebenfalls beim Oberteil), damit die Ärmel etwas besser halten - der Oberstoff alleine wäre zu schnell gerissen.
- von den gekreuzten Vorderteilen viel viel abgeschnitten auch beim Ausschnitt - und der stand so grandios ab, dass ich von Hand vor dem Ball noch zwei Abnäher auf jeder Seite nähen musste.
- den Saum mit einem Schrägband vernäht aka ein Stück v. der Webkante des Saris. Hält super und kompensiert die ansonsten knappe Länge